„Wie bitte?“
Deine Stimme klingt schärfer, als dir lieb ist. Etwas in dir zieht sich zusammen.
Wieder mal der Kollege mit seinen fiesen Unterstellungen.
Du willst ihn zur Rede stellen, ihm deine Meinung um die Ohren hauen.
Du bist wütend und frustriert.
Aber gleichzeitig hält dich auch etwas zurück. Was, wenn es eskaliert?
Jetzt bloß nicht vor aller Augen emotional werden und die Fassung verlieren.
Du bringst einigermaßen gesichtswahrend die Situation zu Ende.
Aber innerlich kochst du.
Warum kann ich nicht drüberstehen, und cool kontern? Warum triggert mich das so? Kann es nicht auch anders gehen?
Genau diese Fragen beantworte ich dir in diesem Blogartikel.
Ich zeige dir, warum es dir hilft, schwierigen Emotionen, Raum zu geben, und wie das gute Lösungen unterstützt.
Sei gespannt!
Was sind Emotionen?
Aber fangen wir von vorne an.
Emotionen sind keine geheimen, mysteriösen Kräfte, die uns plötzlich überfallen. Im Gegenteil – sie sind das, was uns im Innersten bewegt.
Der Begriff „Emotion“ stammt vom lateinischen Wort „emovere“, was so viel bedeutet wie „heraus bewegen“ oder „emporführen“.
Emotionen bewegen uns – nicht nur psychisch, sondern auch körperlich. Sie beeinflussen unsere Atmung, unseren Herzschlag, unsere Muskeln.
Emotionen sind Energie. Wenn du aufgeregt bist, schlägt dein Herz schneller. Wenn du wütend wirst, merkst du die Anspannung oder Hitze in deinem Körper.
Emotionen helfen uns, schnell zu erkennen, ob etwas gut oder schlecht für uns ist. Sie sind unser inneres Navigationssystem. Wenn uns etwas gefällt, fühlen wir Freude; wenn etwas bedrohlich wirkt, fühlen wir Angst. Sie sind also eine schnelle, unbewusste Reaktion auf das, was um uns herum passiert.
Der Begriff Emotion umfasst das Gesamte unseres Erlebens, unserer Stimmung und unseres Befindens. Gefühle sind Emotionen, für die wir ein Wort haben wie Angst, Wut oder Freude.
Es ist wichtig, beides zu unterscheiden. Wenn wir eine Emotion in Worte fassen können, fällt es uns auch leichter, sie zu verstehen, zu verarbeiten und zu kontrollieren.
Aber es ist nicht unbedingt notwendig.
Oft reicht es, Emotionen, nur zu beobachten, wie sie sich durch den Körper bewegen. Es sind meist kleine, subtile Empfindungen wie ein Zucken, Gänsehaut, Kribbeln. Das alles kann ein Zeichen sein, dass dein Körper, die Emotion und den Stress wieder aus dem Körper entlässt.
Was sind schwierige Emotionen?
Eigentlich sind alle Emotionen gleich. Wir sagen dazu nur „schwierige“ Emotionen, wenn sie in Situationen entstehen, die wir als falsch oder bedrohlich empfinden oder die unsere Bedürfnisse nicht erfüllen.
Ärger, Neid, Eifersucht, Frustration, Scham, Angst oder Traurigkeit – Gefühle, die uns überrollen, sehr einnehmen können und bei denen es uns schwerfällt, Abstand zu gewinnen.
Das Besondere an schwierigen Emotionen ist, dass sie oft tief in uns selbst gründen – sie rühren an unsere Bedürfnisse, Werte und Ängste. Sie haben eine starke Kraft, weil sie mit unseren inneren Grenzen und Wünschen in Verbindung stehen.
Was macht schwierige Emotionen so unangenehm?
Die Antwort ist eigentlich einfach: Sie bringen uns aus dem Gleichgewicht.
In unserem Körper und Geist wird eine Art Alarm ausgelöst. Wenn wir zum Beispiel wütend werden, signalisiert uns der Körper: „Achtung, hier läuft etwas schief!“ Und diese Veränderung – der schnellere Herzschlag, die flache Atmung, die angespannten Muskeln – das alles fühlt sich nicht gut an.
Schwierige Emotionen sind unangenehm, weil sie an unsere Ängste und unsere Bedürfnisse rühren. Sie sind ein Zeichen dafür, dass etwas nicht unseren Erwartungen entspricht oder uns in irgendeiner Weise beunruhigt. Wir spüren innerlich einen Widerstand gegen das, was passiert – und dieser Widerstand macht es schwierig, uns zu entspannen oder die Kontrolle zu behalten.
Als Kinder zeigen wir das alles noch ganz unvermittelt.
Wenn wir wütend sind, schreien und trampeln wir mit den Füßen.
Wenn wir etwas ungerecht finden, wehren wir uns.
Die Energie entsteht, bewegt sich durch unseren Körper und flaut wieder ab.
Im Erwachsen-Werden legen wir das ab. Wir kontrollieren uns mehr und halten uns an bestimmte gesellschaftliche Umgangsweisen.
Und natürlich ist das sinnvoll und macht das Zusammenleben leichter.
Andererseits wird das Ausleben von Emotionen für uns „riskanter“.
Wir pflegen die stillschweigende Erwartung aneinander, dass man doch „erwachsen“, vernünftig und rational miteinander umgeht.
Im Umkehrschluss führt das aber auch dazu, dass wir fürchten, wenn wir zu emotional werden, nicht mehr gemocht, ausgegrenzt oder ausgestoßen zu werden, andere zu enttäuschen oder nicht mehr ernst genommen zu werden.
Oder wir möchten gar nicht so viel von unserem Inneren preisgeben
Also gewöhnen wir uns das ab und verlieren ein Stück den Zugang zu unserer inneren Lebendigkeit.
Wir richten alles darauf aus, dass andere diese Gefühle in uns nicht auslösen können.
Tun so, als nähmen wir alles mit links, geben uns cool und unbeteiligt.
Appellieren: Lass uns doch bitte sachlich bleiben!
Oder werten ab: Immer diese Befindlichkeiten …
Fatalerweise sind genau das die Momente, in denen schwierige Emotionen richtig anziehen – wir kämpfen gegen sie, aber sie werden stärker. Das führt zu einem inneren Dilemma, das unser Standing eher schwächt als stärkt!
Die Lösung wäre, sie nicht als „Störfaktoren“ anzusehen, sondern als Botschafter.
Denn sie helfen uns, zu erkennen, was uns wichtig ist, was uns gefährdet oder was wir wirklich brauchen. Die Herausforderung liegt darin, zu lernen, sie wahrzunehmen und zu verstehen, ohne uns von ihnen überwältigen zu lassen.
Konflikte und schwierige Emotionen: untrennbar verbunden
Warum ist es eigentlich so schwer, in Konflikten „neutral“ zu bleiben? Warum werden wir so schnell emotional, selbst wenn es nur um eine kleine Meinungsverschiedenheit geht?
Die Antwort ist einfach: Es gibt keine Konflikte ohne schwierige Emotionen. Sie sind sozusagen die unsichtbaren Begleiter, die jede noch so kleine Auseinandersetzung begleiten.
Konflikte entstehen, wenn unsere Meinungen, Bedürfnisse oder Werte in irgendeiner Weise infrage gestellt werden – und das trifft uns persönlich.
Wenn jemand unsere Ideen oder unsere Art, Dinge zu tun, hinterfragt, fühlen wir uns schnell angegriffen. Auch wenn es vielleicht nur um Kleinigkeiten geht, wie eine Kritik an einem Projekt oder einer kleinen Bemerkung, die uns nicht passt, ist es für unser inneres System oft wie ein „Angriff“.
Unsere Reaktion darauf? Emotionen!
Unser Körper und Geist reagieren mit einer schnellen Wahrnehmung, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Etwas, das uns persönlich betrifft, wird in unserem inneren System als Bedrohung wahrgenommen – und schon sind wir emotional aufgeladen.
Das ist der Moment, in dem ein Konflikt ins Rollen kommt, der kühle Kopf verloren geht und die schwierigen Emotionen uns immer mehr im Griff haben.
Deine Emotionen – deine Wahrheit
Vielleicht kennst du es, in einem Konflikt das Gefühl zu haben, total übergangen oder ungerecht behandelt zu werden.
Das ist deine berechtigte, authentische Reaktion auf eine bestimmte Situation, deine innere gültige Wahrheit, die auf deinen bisherigen Erfahrungen und deinen Bewertungssystemen beruht.
Es bedeutet aber nicht unbedingt, dass der andere dich tatsächlich schlecht behandelt hat. Er handelt aufgrund seiner eigenen Bedingungen, seiner Wahrnehmung und seinen Vorerfahrungen.
So liegt jeder richtig und gleichzeitig auch nicht, weil es im Miteinander immer nur Teil – Wahrheiten gibt und DIE Wahrheit dazwischen liegt.
Und hier beginnt jede Konfliktarbeit!
Denn, um einen Konflikt zu lösen, müssen alle Aspekte und Wahrheiten, alle Sichtweisen und Emotionen miteinbezogen werden.
Und dafür brauchen die schwierigen Emotionen Raum, müssen gesehen und verstanden werden.
Deine wie die deines Gegenübers.
Die Versuchung, schwierige Emotionen zu unterdrücken
Was machen wir stattdessen oft? Genau das Gegenteil.
Obwohl wir innerlich kochen, tun wir so, als könnten wir weiterhin alles sachlich und rational lösen.
Keiner outet sich – im wahrsten Sinne des Wortes – wer möchte schon als der „Emotionsbündel“ oder Mimose dastehen?
Prinzip Dampfkochtopf
Also halten wir unsere Emotionen zurück.
Wir halten unsere innere Bewegtheit zurück, eine vitale Reaktion, die unwillkürlich entsteht und einfach nur mittels unseres Körpers hindurchfließen und verstanden werden will.
Durch unser Eingreifen und Zurück-Halten stockt sie und wird zu einem unangenehmen Knoten von Körperempfindungen, negativen Gedanken und Wahrnehmungen.
Genau hier liegt der Haken: Indem wir unsere Emotionen unterdrücken, erzeugen wir noch mehr innere Spannung.
Stell dir vor, du spürst Wut in dir aufsteigen, hältst aber innerlich den Deckel darauf und versuchst, dir nichts anmerken zu lassen. Der Druck in deinem Inneren wächst – und je mehr du versuchst, es zu kontrollieren, desto mehr staut sich alles an und irgendwann platzt es heraus.
Unterdrückte Emotionen können so den Konflikt eskalieren, weil sie unmerklich zu einem großen Bündel an innerem Druck, Groll und Frust anwachsen und deine Reaktionen im Konflikt verschärfen.
So merkst du, dass du schwierige Emotionen unterdrückt oder bekämpfst:
- Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen
- Betonte Sachlichkeit,
- alles nochmal und nochmal erklären,
- Verwirrung
- Taubheit
Schwierige Emotionen sind auch Fakten
Wirst du immer sachlicher, während es in dir brodelt?
Die Crux ist: Man merkt es dir trotzdem an!
Deine Stimmung wird durch die „Knopflöcher“ sichtbar – ob in der Körpersprache, deinem Tonfall oder vielleicht in einer kleinen Veränderung deines Blickes. Dein Gegenüber spürt unwillkürlich, dass da etwas nicht stimmt. Du kannst dich vielleicht noch zurückhalten, aber deine Emotionen lassen sich nicht vollständig verstecken.
Und auch das kann den Konflikt verstärken. Denn der andere wird fühlen, dass du zwar ruhig redest, aber gleichzeitig eine Schärfe oder Spannung da ist. Diese Diskrepanz zwischen deinem äußeren Verhalten und dem, was du wirklich fühlst, erzeugt Unsicherheit und Misstrauen, was die Situation nur ungemütlicher macht.
Emotionen stecken an
Aber das Ganze ist noch komplexer. Deine Emotionen können beim anderen die gleichen Emotionen hervorrufen.
Über die Spiegelneuronen – die winzigen Zellen in unserem Gehirn, die dafür zuständig sind, dass wir die Emotionen anderer Menschen „mitfühlen“ – nimmt dein Gegenüber deine Anspannung sofort auf. Ohne es zu wollen, spiegelt er deine Gefühle.
Das passiert oft unbewusst: Dein Ärger wird zu seiner Frustration, und seine Wut verstärkt deinen Ärger. Und ehe du dich versiehst, habt ihr beide euch gegenseitig in einen Teufelskreis der Emotionen verstrickt. Es ist dann, als ob ihr in einem unsichtbaren Tanz seid, der den Konflikt nur noch weiter anheizt.
Auslöser heißt nicht Ursache
Manchmal verstehst du dich selbst nicht: Eine Situation, die eigentlich nicht so schlimm ist, löst bei dir eine Emotion aus, die viel stärker ist, als sie es eigentlich sollte.
Vielleicht hast du in einem früheren Job eine schlechte Team-Erfahrung gemacht, und diese Erfahrung ist noch nicht richtig verarbeitet. Dein inneres System ist jetzt besonders wachsam. Ein kleiner Auslöser – ein harmloser Satz, ein missverständlicher Blick – und die Erinnerung kommt wieder hoch.
Du agierst, als seist du in dem alten Film! Es bedeutet aber nicht, dass die gleiche Situation erneut passiert, sondern dass du an nicht zu Ende gefühlte Gefühle aus der Vergangenheit stößt.
Hier habe ich beschrieben, wie mir das selbst einmal passiert ist, und wie ich das für mich wieder auflösen konnte.
Wenn du die Vergangenheit erkennst, die in deinen aktuellen Emotionen mitschwingt, kannst du verstehen, warum du so stark reagierst, und du kannst dich von der Situation distanzieren. Das hilft dir, die Gegenwart klarer zu sehen und nicht in alten Mustern stecken zu bleiben.
Fassen wir zusammen:
Emotionen und Gefühle sind Teil deiner Lebendigkeit und deiner Reaktion auf das, was um dich herum und in dir passiert.
Emotionen wollen immer nur dein Bestes: Unangenehmes vermeiden und Angenehmes erreichen. Sie färben deine Wahrnehmung und deine Interpretation.
Emotionen sind körperlich und über deinen Körper sichtbar, auch wenn du sie unterdrückst.
Der Grund dafür, Emotionen zu ignorieren, ist die Angst, sie nicht kontrollieren zu können, außer Fassung zu geraten, oder unsouverän und schwach zu wirken.
Der Versuch, sie zu unterdrücken, macht sie stärker und irgendwann platzen sie heraus.
Deine innere Spannung kann dein Gegenüber „anstecken“. Wenn du Gefühle und Emotionen außen vor lässt, führt es unweigerlich zu Eskalation.
Der Weg ist also, Emotionen sinnvoll Raum zu geben und ihre Botschaft zu verstehen.
Was du tun kannst
#1 Beginne bei dir
Bevor du dich über die Emotionen des anderen aufregst, beginne bei dir.
Du musst gar nicht sofort parat haben, welches Gefühl gerade da ist.
Es reicht, wahrzunehmen, dass du gerade emotional aktiviert bist.
Du erkennst es an dem Drang, sofort und unbedingt mit dem anderen alles klären zu wollen. Manchmal spürst du es auch an einem Tunnelblick, an einem veränderten Hören oder einem inneren Zusammenziehen.
Halte inne und mache einen bewussten Stopp.
Handele nicht im Außen. Das bringt dich eher wieder weg von deinen Emotionen, bevor du sie geklärt und verstanden hast.
Sobald du innehältst, geschieht es ganz von allein, dass du deine Stimmung und deinen Körper wieder deutlicher und klarer wahrnimmst.
#2 Fühle, was du fühlst
Hast du schon mal bemerkt, wie dein Körper auf Emotionen reagiert? Vielleicht spürst du das Herz schneller schlagen, die Hände werden feucht, oder du kannst nicht mehr klar denken. Unser Körper ist ein wunderbares Messgerät für unsere Emotionen – aber nur, wenn wir ihm die Aufmerksamkeit schenken.
Die gute Nachricht: Emotionen sind nicht statisch. Wenn du deine Wut oder Angst achtsam beobachtest, wirst du merken, dass sie sich sofort verändern.
Emotionen „fließen“ durch deinen Körper, verschwinden nicht sofort, aber sie verlieren ihre Macht. Und du hast wieder einen klaren Kopf, um zu erkennen, was los ist.
Wenn du es kurz fühlst, ist es schon anders!
Tipp: Nimm dir einen Moment, wenn du merkst, dass eine Emotion hochsteigt. Schließe kurz die Augen und spüre in deinen Körper hinein: Was spürst du? Vielleicht drückt es auf die Brust oder zieht in deinem Bauch. Beobachte immer weiter, ohne Urteil, und du spürst, wie es sich verändert und an Intensität verliert. Der Körper ist dein Verbündeter, um deine Emotionen zu verstehen. Nimm sie einfach wahr, ohne sofort etwas ändern zu wollen.
#3 Lerne, deine Emotionen zu verstehen
Emotionen sind Botschaften – sie sagen dir, was du brauchst oder was in deinem Leben nicht in Balance ist.
Wenn du Wut spürst, frage dich: „Warum bin ich gerade so aufgebracht? Was brauche ich in diesem Moment?“
Vielleicht möchtest du mehr Respekt, Zeit für dich, eine Grenze oder eine klarere Kommunikation.
Hinter Ärger steckt meist eine hochgradige Unzufriedenheit.
Scham deutet darauf hin, dass dein Selbstwert angeknackst ist.
Angst warnt dich vor etwas.
Dies zu erkennen, gibt dir die Klarheit, deine Bedürfnisse zu äußern – ohne den anderen direkt anzugreifen.
#4 Nicht jeder Konflikt muss im Außen ausgetragen werden
Du kannst Konflikte oft auch für dich selbst klären. Manchmal ist eine Auseinandersetzung im Außen dann nicht mehr nötig oder sie wird leichter.
Tatsächlich ist es nicht so einfach, zu erkennen, wie wir den Konflikt möglicherweise selbst aufrechterhalten. Aber es ist möglich, unsere eigenen Bedürfnisse und Reaktionen zu verstehen. Dadurch können wir den Konflikt entschärfen, ohne sofort in die Konfrontation zu gehen.
Frage dich, wenn du schwierige Emotionen fühlst:
- Was brauche ich oder hätte ich gebraucht?
Brauchst du Ruhe, Sicherheit oder Anerkennung? Oft geht es weniger um den Konflikt, sondern um unerfüllte Bedürfnisse. - Woher kenne ich diese Situation?
Erinnerst du dich an ähnliche Erfahrungen aus der Vergangenheit? Wenn ja, kann das deine Reaktion erklären und helfen, den Konflikt richtig einzuordnen. - Wofür ist die ganze Sache gut?
Was kannst du aus der Situation lernen? Konflikte zeigen uns oft wichtige Dinge über unsere Bedürfnisse und Beziehungen.
Damit beruhigst du dich und kannst mit mehr Klarheit zurückkommen. Manchmal löst sich der Konflikt dann sogar von selbst.
#5 Gestehe dem Anderen schwierige Emotionen zu
Nachdem du dir selbst Raum für deine Emotionen gegeben hast, kannst du beginnen, auch im Gespräch mit anderen diesen Raum zu schaffen.
Stell dir vor, dein Gesprächspartner wird plötzlich wütend.
Was passiert bei dir? Versuchst du, dich reflexartig zu verteidigen oder den Ärger abzuwiegeln?
Versuche es doch einmal anders. Lass dich nicht von der Angst leiten, dass die Situation eskalieren könnte. Rede nicht dagegen. Höre dem Anderen zu.
In der Netflix-Serie „Monk“ gibt es eine schöne Szene dazu:
Mr. Monk, der brillante, aber neurotische Ermittler in der Netflix-Serie „Monk“, ist wütend. Ein Mann in afrikanischem Kostüm und mit Flöte stört um 20 Uhr seine „Nacht“- Ruhe. Aufgebracht stürmt er im Bademantel auf die Straße, fordert den Mann auf, aufzuhören, und bietet ihm sogar ein paar Dollar an, damit er sich im Park etwas zu trinken holen kann. Der Mann, anstatt sich zu verteidigen oder sich zu beschweren, bleibt ruhig und sagt: „Es tut mir leid, ich kann hier nicht weg.“ Mit dieser einfachen Antwort zeigt er Mr. Monk eine andere Perspektive. Der Mann, Samuel, erklärt, dass er an dieser Ecke um seine Frau trauert, die hier ermordet wurde. Mr. Monk hält inne, erkennt die tiefe Trauer des anderen und öffnet sich. Die beiden kommen ins Gespräch, Mr. Monk hilft Samuel, den Mörder zu finden, und sie werden schließlich Freunde. (- Mr. Monk und der Fremde)
Was ist anders?
- Samuel nimmt den Fehdehandschuh nicht auf.
- Er geht nicht in den Widerstand mit der Wut seines Gegenübers.
- Er lässt sie gelten, akzeptiert sie und steht gleichzeitig zu seinen eigenen Gefühlen und Bedürfnissen.
- Seine Akzeptanz schafft Raum für eine neue Perspektive.
- Das löst die Situation ohne Kämpfen, ohne Unterdrücken, ohne Verleugnen und vor allem, ohne Eskalation.
Natürlich ist das wahre Leben komplizierter als eine Netflix-Serie.
Aber frage dich einmal:
- Wünschst du dir nicht auch oft einfach nur, dass deine Gefühle und Sichtweisen akzeptiert werden?
- Warum das also nicht auch einmal dem anderen geben?
#6 Widerstehe dem Impuls, sofort abzuwiegeln.
Wenn dein Gegenüber sich aufregt, atme tief durch und höre zu. Anstatt in die Defensive zu gehen, frage: „Was macht dich gerade so wütend?“ Dies gibt deinem Gegenüber die Möglichkeit, sich auszusprechen. Die Ladung wird von selbst nach und nach weniger, und es wird wieder möglich, ruhig über die Dinge zu sprechen.
Nicht akzeptieren solltest du natürlich Äußerungen, die unter die Gürtellinie zielen oder körperliche Übergriffe. Da wäre ein klares STOPP und Unterbrechen der Situation angebracht.
Auch, wenn du merkst, dass es dir zu viel wird, ist eine Pause oft besser, als weiterzumachen.
Oft stehen destruktive Verhaltensweisen in Zusammenhang mit lange aufgestauten Emotionen.
Umso wichtiger, dafür zu sorgen, dass das gar nicht erst passiert.
#7 Übernimm Verantwortung statt zu projizieren
Wenn du deine Emotionen ausdrückst, sei dir bewusst, dass es nicht darum geht, den anderen zu beschuldigen. Vielmehr geht es darum, zu sagen: „So fühle ich mich gerade.“ Wenn dir etwas auf dem Herzen liegt, dann äußere es in klaren, „Ich“-zentrierten Aussagen.
Tipp: Statt zu sagen: „Du bist immer so nachlässig!“, könntest du sagen: „Ich bin sauer, wenn etwas nicht erledigt wird, weil ich mir mehr Unterstützung wünsche.“
So übernimmst du Verantwortung für deine Gefühle, ohne dem anderen die Schuld zuzuschieben.
#8 Echte Gefühle statt Pseudo-Gefühle
Gefühle mitteilen ist eigentlich einfach. Wir müssen nur dem folgen, was in uns ist.
Andererseits haben wir uns die Fähigkeit dazu im Erwachsenenleben allzu oft abtrainiert.
Wir denken dann, dass wir unsere Gefühle mitteilen, dabei sind es eher unsere Gedanken.
- „Ich habe das Gefühl, mein Chef mag mich nicht.“
- „Ich fühle mich, als sei ich Luft für dich!“
- „Mein Gefühl ist, du willst gar nicht richtig.“
Wir setzen lediglich den Satz: “Ich habe das Gefühl …“ vor unsere Beurteilungen und Beziehungsbotschaften an den anderen.
Und ziemlich wahrscheinlich wird der Andere das als Kritik oder Angriff verstehen und seinerseits zu einem Gegen-Angriff ausholen.
Aufgepasst auch bei sogenannten Pseudo – Gefühlen (nach Marshall B. Rosenberg, dem Begründer der Gewaltfreien Kommunikation):
- “Ich fühle mich hintergangen.“
- „Ich fühle mich nicht wertgeschätzt.“
- „Ich fühle mich nicht respektiert … „
Hier geben wir jemandem die Schuld an unserem Zustand. Wir sind mehr beim anderen und dem, was er uns angetan hat, als bei unseren Gefühlen. Letztlich tun wir uns selbst damit nichts Gutes, weil wir uns dadurch in eine Opfer–Täter-Dynamik manövrieren und uns selbst unsere Souveränität nehmen.
Echte Gefühle sind:
- Ich bin enttäuscht.
- Ich habe Angst.
- Ich bin traurig.
- Ich bin wütend.
- Ich bin ärgerlich.
- Ich bin frustriert.
- Ich bin aufgewühlt.
- Ich bin durcheinander.
- Ich fühle mich unsicher.
Du könntest also sagen: „Ich bin gerade wirklich enttäuscht von dem Ergebnis“ oder „Ich bin nervös, weil ich nicht sicher bin, wie es weitergeht.“
Damit schaffst du nicht nur Klarheit für dich selbst, sondern auch für den Anderen.
Er weiß, woran er ist, bei dir und wie er deine Aussage verstehen soll.
Deine nächste Aufgabe: Nimm dir einen Moment, um auf die Emotionen zu achten, die du im Alltag erlebst. Beobachte, wie sie sich anfühlen, und erkenne, was sie dir sagen möchten. Und wenn du das nächste Mal in einem Konflikt steckst, versuche, diesen Raum sowohl für dich als auch für den anderen zu schaffen. Du wirst erstaunt sein, wie viel klarer und konstruktiver die Situation dann wird.
#9 Verstehe Emotionen als Brücke statt als Barriere
In der Szene aus Monk sehen wir, wie Konflikt-Emotionen – richtig erkannt und geäußert – zu einer Brücke werden, die aus dem Konflikt heraus und dann zu einer tieferen Verbindung zwischen beiden führt.
Samuel, der Mann in der Geschichte, könnte in der Situation, in der Monk ihn wütend anspricht, genauso gut mit Abwehr oder Ärger reagieren. Doch das tut er nicht.
Er bleibt ruhig und erklärt freundlich und offen: „Es tut mir leid, ich kann hier nicht weg.“ In diesem Moment bietet er Mr. Monk nicht nur eine Erklärung für sein Verhalten, sondern auch einen Einblick in seine eigene Verletzlichkeit – er trauert um seine Frau.
Diese Offenheit und Bereitschaft, die eigene Emotion zu zeigen, macht es Mr. Monk möglich, in sich selbst zu erkennen, dass seine Wut nicht die ganze Wahrheit über die Situation ist. Es ist eine Brücke, die Samuel ihm anbietet, damit Monk über seinen eigenen Ärger hinausblicken kann.
Warum ist das so wichtig? In vielen Konflikten reagieren wir auf schwierige Emotionen des anderen oft mit einer noch stärkeren Gegen-Emotion. Wenn jemand wütend ist, reagieren wir ebenfalls mit Wut. Wenn jemand uns verletzt, fällt es uns schwer, nicht mit Vorwürfen zurückzuschlagen.
Diese Reaktionen führen dazu, dass wir uns immer mehr verhaken. Jeder hat das Gefühl im Recht zu sein mit seinem Verhalten. Doch in dieser Geschichte sehen wir, dass Samuel sich entscheidet, nicht in Widerstand zu gehen, sondern in einer ruhigen und respektvollen Weise mit seinen eigenen Emotionen und den Emotionen von Mr. Monk umzugehen.
Was Samuel intuitiv versteht, ist, dass schwierige Emotionen viel mehr sind als nur „Reaktionen“. Sie sind ein Hinweis darauf, dass etwas wichtig ist, den Anderen bewegt oder ihn verletzt. Indem wir diesen Hinweis anerkennen, schaffen wir die Möglichkeit, uns zu verbinden. Statt die Wut oder Angst des anderen als Angriff oder als Barriere zu sehen, können wir sie als ein Zeichen von Schmerz oder einem unerfüllten Bedürfnis verstehen.
#10 Wie das in deinem Leben aussehen kann
Stell dir vor, du hast ein Gespräch mit jemandem, der sehr viel redet und dich wenig zu Wort kommen lässt.
Anstatt sofort mit Vorwürfen oder Ärger zu reagieren, könntest du versuchen, genau das zu sagen. „Sorry, aber ich kann gerade nichts mehr aufnehmen. Außerdem brennt es mir, zu ein paar Punkten etwas zu sagen. Okay?“
Wenn du deine Emotionen versorgt/ausgedrückt hast, kannst du auch versuchen, die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten:
- Was könnte hinter der Emotion des anderen stecken, wenn er frustriert oder wütend ist?
- Auf welches unerfüllte Bedürfnis oder welche verborgene Verletzung könnte das hinweisen?
Du kannst freundlich unterbrechen und darum bitten, zu sagen, was du verstanden hast.
„Lass mich kurz sagen, was bei mir gerade ankommt. Der wichtigste Punkt scheint zu sein, dass du von mir mehr gesehen werden möchtest, ist das richtig?“
(Finde natürlich deine eigene Sprache dafür)
Oft tut es uns Menschen sehr gut, unsere eigenen verworrenen Gefühle und Gedanken noch einmal aus dem Mund eines anderen zu hören.
Wenn du das Gefühl des anderen anerkennst, öffnest du nicht nur einen Raum für Verständnis, sondern schaffst auch eine Grundlage für eine tiefere und ehrlichere Kommunikation.
Oft reicht schon ein einfaches „Ich verstehe, dass du verärgert bist. Was ist wirklich los?“, um den Konflikt zu deeskalieren und Raum für eine Lösung zu schaffen.
Schwierige Emotionen als Brücke zu nutzen bedeutet, nicht nur den eigenen Standpunkt zu vertreten, sondern auch aktiv nach den Beweggründen und den ungesagten Wahrheiten des anderen zu fragen. Diese Haltung hilft, den Konflikt nicht als Kampf zu sehen, sondern als Gelegenheit, sich gegenseitig besser zu verstehen und zu respektieren.
Fazit
Du weißt jetzt, dass schwierige Emotionen ein natürlicher Teil jedes Konfliktes sind und keine Hindernisse, die du überwinden musst.
Konkret hast du gelernt:
- Warum schwierige Emotionen wichtige Information über Bedürfnisse und Werte bei dir und bei deinem Gegenüber sind.
- Wie du ihre Botschaft verstehen kannst.
- Wie dein Körper dir beim Verarbeiten von schwierigen Emotionen hilft und dass du nicht viel mehr tun musst, als sie zu beobachten.
- Warum Akzeptanz der Emotion so wichtig ist
- Wie du Emotionen Raum geben und kommunizieren kannst
- Wie Emotionen die Brücke sein können, um aus dem Konflikt heraus und in eine tiefere Beziehung zu kommen.
Wenn du es noch nicht getan hast, kannst du hier gerne weiterlesen über das Thema 7 Tipps zum Umgang mit Ärger und Wut.
Viel Erfolg und gutes Gelingen!
Herzlichst
FAQ
Hier findest du noch Antwort auf einige typische Fragen zum Thema schwierige Emotionen
Was, wenn mich die Gefühle trotzdem im Griff haben???
- Vermutlich ist bei dir ein wunder Punkt ausgelöst. Vielleicht etwas aus deiner Geschichte, das noch nicht ausreichend verdaut ist. Oder es gibt in dir einen inneren Konflikt zwischen deiner äußeren und deiner inneren Situation.
- Finde deine Wutkraft, ohne der anderen Person die Schuld zu geben. Wut ist eine gute Energie, um Abstand zu der ganzen Problematik zu gewinnen. Aus dem Abstand heraus bist du nicht so von den Gefühlen dominiert und du kannst die Situation besser übersehen.
- Schreibe alle Gedanken und Gefühle herunter, bis du etwas Beruhigung spürst. Mache das immer wieder, wenn nötig, mehrfach am Tag. Du wirst nach und nach mehr verstehen, und deine Emotionen und Gefühle werden kleiner.
Wie kann ich verhindern, dass ich ausraste?
- Indem du deine Gefühle und Gedanken klärst, bevor du in die Situation gehst.
- Wenn du spürst, dass sich innerlich alles zusammen zieht, heiß aufsteigt oder du einen Tunnelblick bekommst, trinke ein Glas Wasser (das du dir am besten vorher hinstellst!).
Gehe ans Fenster. Atme tief durch, bis es wieder geht. Schlage eine Pause vor. - Nimm dir Zeit dafür, bis dein Kopf wieder klar ist.
Was mache ich, wenn der andere ausrastet?
- Lass den Anderen reden, sei aufmerksam, höre zu. (Tätlichkeiten oder verbale Entgleisungen ausgenommen!).
- Versuche zu verstehen, was den Anderen umtreibt
- Frage, was ihn so verärgert.
- Höre dann weiter zu.
- Irgendwann hört das in der Regel auf und es ist wieder ein Dialog möglich.
Wie kann ich mich vor Verletzungen schützen?
- Du kannst ein STOPP einbauen, wenn deine Grenze überschritten ist, wenn es unfair und unter der Gürtellinie wird. Du kannst dem anderen sagen, dass er so nicht mit dir reden soll.
- Gleichzeitig schau auch, wo du vielleicht empfindlich bist, weil die Beziehung für dich unsicher ist.
- In Konfliktsituationen musst du dir auch mal Kritik anhören können.
- Sonst bewegst du dich nur in der Vorsichts-Zone und vermeidest ein deutliches Wort.
Was mache ich, wenn ich gar nicht weiß, was ich fühle?
- Beobachte einfach nur. Es muss nicht sein, dass du ein konkretes Wort für das findest, was du empfindest.
- Es kann durchaus nur diffus sein, sich vielleicht anfühlen wie ein Druck oder ein Ziehen, Stiche oder kleine Wellen.
- Mache dir keinen Stress damit, genau herauszufinden, wie es heißen könnte. Beobachte einfach, was in deinem Körper passiert, und wie es sich im Beobachten verändert.
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