Wie kommt es zu einer Teamspaltung, was ist der Unterschied zu anderen Konflikten und vor allem: Was kann man dagegen tun? In diesem Beitrag möchte ich etwas Hintergrund geben zu dieser Konfliktform, die gerade in der letzten Zeit häufig angesprochen wird.

Ich werde dafür zunächst den psychologischen Hintergrund beleuchten. Wir schauen darauf, was „Spaltung“ in Bezug auf die individuelle Wahrnehmung, aber auch in Bezug auf Gruppenprozesse bedeutet, und wie sich Spaltungen in drei unterschiedlichen Teams darstellen können. Sie lernen einige typische Spaltungsdynamiken kennen und bekommen Anregungen, was Sie als BetroffeneR oder als Teamleitung tun können.

Das abschließende Kapitel widme ich dem Thema: „Teamspaltung bedingt durch die Corona-Situation“.

Spaltung

„Wir waren so ein tolles Team, und jetzt sind wir völlig gespalten.“

Wenn ich in meinen Beratungen nachfrage, warum jemand ein Team als gespalten erlebt, wird die Situation häufig so beschrieben, dass es eine unüberbrückbare Abgründe gibt im Team, tiefe Gräben und viele Wahrheiten, die nicht zusammenpassen. Es gibt keine Verständigung, oder es steht etwas wie ein Keil zwischen ihnen.

Schaut man sich die gängigen Begriffsbedeutungen an, steht Spaltung für: Trennen, Aufspalten, Durchschneiden. Man kann Material spalten, wie zum Beispiel Holz und Leder, aber auch Licht, einen Atomkern, ganze Unternehmen und Organisationen. Meist wird durch bestimmte Einwirkungen etwas getrennt und aufgeteilt, was eigentlich zusammen gehört.

Bei einem sozialen Gefüge, wie ein Team es ist, betrifft Spaltung vor allem die Wahrnehmung und die Kommunikation. Schauen wir daher, was die Psychologie dazu sagt.

Spaltung in der Psychologie

Den Begriff Spaltung (oder „Spaltungsabwehr“) gibt es auch in Bezug auf unser menschliches Bewusstsein. In der Individualpsychologie beziehungsweise der Psychoanalyse bezeichnet man damit einen psychischen Mechanismus im Umgang mit der Realität.

Abgespalten werden Erfahrungen und Gefühle, die im Moment nicht integriert werden können. Das dient dazu, das Bild von sich oder einer wichtigen Bezugsperson widerspruchsfrei zu halten, also entweder ausschließlich gut oder nur schlecht.

Auf sich selbst bezogen bedeutet es auch, die eigenen inneren Widersprüche oder auch dunklen Anteile nicht zu sehen und sie stattdessen den anderen zuzuschreiben.

Ursprung

Dieser Mechanismus hat seinen Ursprung in der frühkindlichen Entwicklung. In den ersten Lebensmonaten ist ein Kind symbiotisch mit seinen Bezugspersonen verbunden und nimmt sie ausschließlich in Bezug auf die eigene Bedürfniserfüllung wahr. Das Aufteilen in die groben Kategorien „Gut und Böse“ hilft dem Kind, die Erfahrungen in seiner Erlebniswelt auszuhalten.

In den ersten beiden Lebensjahren lernt ein Kind dann mehr und mehr ein eigenes Selbst zu entwickeln. Seine innere Welt wird differenzierter, und entsprechend kann es auch seine Außenwelt differenzierter wahrnehmen und fühlen. Es lernt, viele Perspektiven gleichzeitig zu sehen und muss weniger „abspalten“ und ausblenden, um im Gleichgewicht zu bleiben. Für diesen Entwicklungsschritt braucht es aber den Halt durch zuverlässige, liebevolle und einfühlsame Bezugspersonen. 

Ein Kind, das Gewalt, überfordernde Trennungen, emotionale Vernachlässigung oder Ähnliches erlebt, schafft diesen Schritt manchmal nicht. Dann kann das Abspalten von beängstigenden Gefühlen und Erfahrungen zu einem dauerhaften Muster werden. Es mindert Ohnmacht, Angst und Verwirrung und macht die Welt überschaubar. Aber es macht auch Beziehungen kompliziert, weil Menschen dann vieles in ihrem Verhalten nicht bewusst ist.

Dieses Muster betrifft nicht nur bei Menschen mit belastenden Kindheitserfahrungen. Auch bei Erwachsenen kann es in Krisensituationen und bei großem Stress wieder angetriggert werden.

Hier erfahren Sie etwas über das berühmte Gorilla-Experiment, das zeigt, wie sehr wir allein schon durch eine gezielte Aufgabe unsere Wahrnehmung unbewusst so ausrichten, dass wir selbst auffälligste Dinge nicht sehen.

Spaltung: Vorhandene Wahrnehmungen durch unwillkürliches „Abspalten“ vom Bewusstsein fern zu halten. Das mindert Angst, Ohnmacht und Hilflosigkeit.

Schauen wir jetzt, wie dieser psychologische Mechanismus in einem Team zum Tragen kommen kann.

Teamspaltung in der Psychiatrie

Was vielen nicht bekannt ist: Der Begriff „Teamspaltung“ wird unter Anderem für ein gängiges Phänomen in psychiatrischen und soziotherapeutischen Einrichtungen verwendet.

Das Behandlungsteam einer psychiatrischen Station hat Probleme mit einem Patienten. Er hält sich nicht an Regeln. Häufig sitzt er in der Nähe des Stationszimmers und macht spöttische Bemerkungen über das Personal. Seinem „Lieblingstherapeuten“ gegenüber ist er sehr offen. Andere Therapeuten lehnt er ab, bezeichnet sie als unfähig oder autoritär. Er hat mit einer anderen Patientin eine Beziehung angefangen, was normalerweise eine Entlassung zur Folge haben müsste. Jede Besprechung dreht sich nur um ihn.

Das Team ist gespalten: Ein Teil fühlt sich von ihm tyrannisiert und fordert, ihm entschieden und konsequent Grenzen zu setzen oder zu entlassen. Ein anderer Teil hat viel Verständnis und sieht sein Verhalten als ein Zeichen von Fortschritt. Außerdem seien die Regeln nicht dazu da, sie „sklavisch“ einzuhalten. Es gibt ein Dilemma: Entweder setzt das Team dem Patienten Grenzen und gerät dann in die Rolle des „bösen Tyrannen“. Oder es toleriert sein Verhalten und wird damit zum „tyrannisierten Opfer“. 

Solange das Team bei dieser Entweder–Oder Haltung bleibt, bleiben die Konflikte und die Spaltung bestehen.

Weg vom Entweder-Oder hin zum Sowohl-Als-Auch

Es gehört zur fachlichen Kompetenz von Beschäftigten in der Psychiatrie, dabei nicht stehen zu bleiben. Statt sich immer weiter über den Patienten zu ärgern, ihn zu verurteilen und sich über das richtige Vorgehen zu streiten, machen sie etwas anderes: Sie beschäftigen sich auf der Metaebene mit der Dynamik, und schauen sich „mit Adlerblick“ gemeinsam an, was zwischen Ihnen und dem Patienten abläuft.

In diesen Fähigkeiten müssen Teams im Gesundheitsbereich fortlaufend ausgebildet und trainiert werden. Unter anderem gibt es dafür die Beratungsform Supervision. Hier werden die Mitarbeitenden angeleitet, all das, was zwischen ihnen und den Patienten passiert, professionell zu reflektieren und die Hintergründe zu verstehen.

Ausblenden und Abspalten sind psychische Mechanismen, die in bestimmten Konstellationen aktiviert werden. Auch wenn abgespaltene Themen den Betroffenen nicht bewusst sind: Sie sind da und können sich im Verhalten und in der Beziehung zeigen.

Lösungen durch Adlerblick und Metaebene

Dem Team wird klar, dass der Patient unbewusst seine Geschichte mit dem gewalttätigen Vater wiederholt. Gleichzeitig können die Teammitglieder erkennen, dass der Patient zielsicher ein Konfliktthema im Team angetriggert hat. Denn schon lange gibt es unausgesprochene Fragen über den Sinn und Zweck der bestehenden Regeln. Durch die Reflexion aller Facetten der Situation wird Ausgeblendetes und Abgespaltenes wieder integriert. Sie finden wieder zu einer gemeinsamen Haltung. Das hilft wiederum dem Patienten, seine inneren Konflikte besser zu bewältigen.

Teamspaltung im Büro

Das Phänomen Spaltung gibt es nicht nur in Teams, die einen therapeutischen oder sozialen Auftrag haben. Schauen wir ein weiteres Beispiel an.

Die Mitarbeiterin Bianca ist neu in der Abteilung Rechnungswesen. Sie ist sofort sehr angetan von ihrer Kollegin Anna, die „beste und tollste Kollegin ever“. Sie fragt, ob sie nicht Lust hat, mit ihr am Wochenende spazieren zu gehen. Bianca ist glücklich, dass ihre Kollegin sie offensichtlich mag und hat schon verschiedene Ideen, was sie zusammen machen könnten. Nach dem Spaziergang möchte Bianca den Kontakt intensivieren. Sie treffen sich wieder und Bianca erzählt Anna ihre ganze schwierige Lebensgeschichte, von ihrer alkoholkranken Mutter, ihrer Zeit im Heim, ihrer schrecklichen Ehe und dass sie eigentlich ihren gemeinsamen Chef nicht unbedingt mag. Sie erzählt so viele tiefe Gefühle und Gedanken, dass Anna sehr überrascht und auch etwas überrumpelt ist.

Recht schnell entwickelt sich bei Anna ein ungutes Bauchgefühl. Sie merkt, dass ihr das alles zu schnell, zu viel und zu nah wird. Sie teilt Bianca mit, dass sie ein bisschen zurückfahren und nicht mehr so häufig mit ihr spazieren gehen möchte, dass ihr aber weiterhin eine gute kollegiale Beziehung zu Bianca wichtig sei.

Damit wendet sich das Blatt. 

Bianca fühlt sich von Anna zurückgewiesen. Plötzlich ist Anna „die Böse“. Sie beginnt schlecht über Anna zu reden. In E-Mails beschwert sie sich bei Kollegen über sie. Manche glauben das und springen Bianca bei. Sie sind bestürzt, wie eine neue Kollegin hier behandelt wird. Sie wüssten ja, dass Anna manchmal komisch sein könne, aber dass es so schlimm sei … Andere schweigen, weil sie Sorge haben, das nächste Opfer verletzender Kommentare zu werden. Hinter vorgehaltener Hand jedoch teilen sie Anna mit, dass sie sich nicht gut fühlen mit dem Ganzen. 

Nach und nach spaltet sich das Team in Fraktionen auf. Man unterstellt sich gegenseitig Unfähigkeit, Machtansprüche und böse Absichten. Das Betriebsklima wird immer vergifteter. Keiner versteht so richtig, was eigentlich los ist.

Im Unterschied zu Beispiel 1 handelt es sich hier nicht um eine therapeutische Situation, wo es zu den Aufgaben der Profis gehört, auf Spaltungsphänomene zu achten.

Auch in diesem Fall übertragen sich unbewusste Themen ins Team hinein. Bianca neigt dazu, ihre Welt in „Gute“ oder „Böse“ aufzuteilen. Sie sucht die Nähe der „Guten“ und sieht sie als „Verbündete im Kampf“. Sie fühlt sich von den „Bösen“ schlecht behandelt. Darum glaubt sie, Verbündete zu brauchen. Gut und Böse können bei ihr jederzeit kippen, wenn ein „Guter“ ihr die Unterstützung aufkündigt.

Bianca ist davon überzeugt, dass die Dinge, so wie sie sie wahrnimmt, richtig sind. Sie merkt nicht, dass der immer schlimmer werdende Stress von ihr selbst erzeugt ist. Für sie ist es eher eine Bestätigung, dass sie im Recht ist. Auch die Kolleginnen übernehmen die Perspektive, dass es entweder nur „Gut“ oder „Böse“ gibt und sind überzeugt, dass ihre Wahrheit jeweils die einzig richtige ist.

Was innerlich abgespalten wird, kehrt im Außen wieder.

Biancas unbewusstes Beziehungsmuster korrespondiert gleichzeitig mit ungelösten und ausgeblendeten Themen im Team. Denn auch hier wird etwas ausgeblendet: Ein verdrängter Konflikt rund um das Stammteam und „die Neuen“ sowie ein Konkurrenzthema mit Anna.

Teamspaltung in der ganzen Einrichtung

Spaltungen können auch eine ganze Einrichtung oder ein ganzes Unternehmen erfassen.

In einem Sozialunternehmen im Bereich der Behindertenhilfe brodelt es in vielen Teams. Misstrauen, Unzufriedenheit und viele gegenseitige Vorwürfe. Es wird eine externe Beratung beauftragt, die Spaltung im Team zu bearbeiten. Alle beklagen, dass man „hier“ nicht offen sprechen kann. Alle finden es wichtig, an ihrer Konfliktfähigkeit zu arbeiten, äußern sich aber nur sehr verhalten und vorsichtig. Es dauert, bis zur Sprache kommt, dass es in der ganzen Einrichtung quer durch und hierarchieübergreifend Freundschaften, Paare und feste Freundesgruppen gibt. Diese verbringen natürlich außerhalb der eigentlichen Arbeit sehr viel Zeit miteinander.

„Ehrlich“ sprechen die Mitarbeitenden nur in diesen freundschaftlich verbundenen Arbeitsbeziehungen. Allen anderen gegenüber halten sie sich zurück. Nach und nach wird ein offenes Geheimnis gelüftet: Die pädagogische Leiterin und der Geschäftsführer sind verheiratet. Jeder weiß es, aber es wurde nie offiziell bekannt gegeben. In öffentlichen Sitzungen siezen sich beide weiterhin. Kurz darauf wird der externe Beratungsvertrag, in dem es darum ging, Konfliktthemen anzugehen, unter einem Vorwand gekündigt.

Hier entfaltet sich ein Tabu-Thema in der ganzen Einrichtung: das Entstehen privater Freundschaften und Ehen im Rahmen von langjähriger Zugehörigkeit zu einer Einrichtung, die ihrerseits auch mit Familien arbeitet. So etwas ist menschlich und muss kein Problem darstellen, wenn es transparent gehandhabt wird und reflektiert werden kann.

Hier aber hat sich eine Parallelwelt gebildet: Themen werden nicht dort besprochen, wo es im Rahmen der Aufgaben hin gehört, sondern im Rahmen privater Treffen, Besuche, Telefonate oder in den Familien. Weil niemand darüber spricht, wird die Tatsache dieser Parallelwelt ausgeblendet. Alle nehmen als „Teamspaltung“ wahr, dass sie sich in unterschiedlichen Deutungswelten befinden, die nicht mehr zusammen kommen.

Unbewusst „decken“ aber auch alle diese Realität, selbst wenn sie auf der bewussten Ebene unter der schlechten und destruktiven Kommunikation leiden. Schließlich „trifft“ es auch den externen Berater, da ihm mitten im Prozess gekündigt wird. Damit wird die Möglichkeit, dass ein Erkenntnisprozess stattfinden und die Situation sich ändern kann, gekappt.

Was bei einer Teamspaltung passiert

Spaltungsdynamiken laufen immer ähnlich ab und sind sehr destruktiv. 

  1. Es gibt bei einzelnen oder in der Organisation unbewusste oder ausgeblendete Probleme oder Tabus.
  2. Teams bilden darum herum Polarisierungen und Fronten aus. Es gibt viel „Schwarz oder Weiß“, „für mich oder gegen mich“, wenig Dazwischen.
  3. Viel läuft auf der persönlichen Ebene ab. Es geht um Sympathien und Abneigung, Kompetenz, Intelligenz, Werte und Moral.
  4. Die Stimmung ist emotionalisiert und feindselig.
  5. Es gibt keinen Meinungsaustausch, aber viel Kritik, Beschuldigungen, Taktieren und Sich-Verschanzen. Vieles läuft „hintenrum“.
  6. Manche heizen den Prozess besonders an. Andere werden mit hineingezogen. Es ist schwer, sich dem zu entziehen.
  7. Es wird viel projiziert: Jede Seite wirft der anderen vor, das Team zu spalten und unangemessen zu reagieren, während sie selbst das Gleiche tut.
  8. Für alle verstärkt sich der Eindruck, dass jeweils die andere Seite schuld ist. Es polarisiert sich immer mehr. Nach und nach entstehen so tiefe Risse und Gräben ganze Teams oder Abteilungen. 

Spaltungen „stecken an“ und ziehen das ganze Umfeld mit hinein. Zusätzlich verschärfen sie sich in herausfordernden Situationen und unter Stress. 

Teamspaltung – Wie kommt man da wieder heraus?

Fassen wir noch einmal zusammen, was Spaltungstendenzen begünstigt:

Bestimmte Beziehungsmuster,
Tabus,
Stress und Angst,
Unreflektiertes Übernehmen bestimmter Rollen: Täter, Opfer, Retter,
fehlende Metakommunikation,
fehlende Konfliktkultur,
Entweder-Oder-Denken.

Auch wenn individuelles Verhalten eine Rolle spielen kann: Der erste Ansatz sollte nicht sein, einzelne Personen für das Problem der Teamspaltung zuständig zu machen. Noch schlimmer wäre es, Kollegen zu psychologisieren oder zu pathologisieren. Damit würde das Täter/Opfer Spiel immer weiter fortgesetzt.

Was hilft:

  1. Wahrnehmen, dass sich Fronten und Entweder-Oder Haltungen bilden.
  2. Einen Schritt zurücktreten.
  3. „Adlerblick“ (hier finden Sie eine kurze Anregung dazu).
  4. Wegkommen von Schuldzuweisungen, Beurteilungen und Schwarz-Weiß Denken.
  5. Sich fragen, durch welches Verhalten man selbst möglicherweise das Problem am Leben erhält.
  6. Das ganze Bild mit allen Schattierungen erkennen.
  7. Eventuell fachliche Beratung einholen.

Wichtig ist aus meiner Sicht, für eine gute und gesunde Team- und Konfliktkultur zu sorgen. in der regelmäßig nicht nur die Aufgaben, sondern auch die Art und Weise der Zusammenarbeit reflektiert und besprochen wird. In einem solchen Milieu können Spaltungstendenzen früh aufgespürt und behoben werden. Das ist im wesentlichen die Aufgabe der Leitung mit dem Team. Aber auch Einzelne können etwas tun.

Teamspaltung: 11 Tipps für Betroffene  

Wenn Ihnen bis hierhin einiges bekannt vorkommt, und Sie selbst in einer solchen Situation stecken, empfehle ich Ihnen Folgendes:

  1. Machen Sie sich klar, dass unbewusste Mechanismen oder Tabuthemen am Werk sein können (individuell oder auf der Teamebene).
  2. Widerstehen Sie der Versuchung, Einzelne als Verursacher auszumachen oder sie zu pathologisieren. Damit setzen Sie nur den Kampf fort.
  3. Fragen Sie sich, welche eigenen Seiten bei Ihnen mitspielen. Wo liegen IHRE Widersprüche? Das heißt: Wo sind Sie verführbar? In welcher Rolle sind Sie am Spiel beteiligt: in der Täter – Rolle, der Opfer – Rolle oder der Retter – Rolle? Was ist Ihr Gewinn daraus? Was müssen Sie lassen, um aus der Rolle heraus zu kommen?
  4. Vermeiden Sie, sich zu intensiv emotional ergreifen zu lassen. WO/WANN passiert es, und WIE können Sie bewusst und sachlich gegensteuern?
  5. Glauben Sie nicht alles, was Sie hören. Hinterfragen Sie Kritikpunkte und Beschuldigungen gegenüber Klienten, anderen Kollegen oder auch der Leitung.
  6. Vermeiden Sie extreme Reaktionen und Wut auf Klienten, Kollegen oder die Leitung. 
  7. Bleiben Sie grundsätzlich offen und flexibel gegenüber allen Möglichkeiten.
  8. Nehmen Sie zwischendurch auch bewusst einmal eine andere, gegensätzliche Perspektive ein.
  9. Begegnen Sie allen: Klienten, Kollegen und Leitungspersonen mit Empathie, Interesse und Respekt unabhängig davon, wie Sie deren Verhalten wahrnehmen.
  10. Vermeiden Sie Lösungen, die auf Sanktionen abzielen oder Disziplinarmaßnahmen.
  11. Holen Sie sich Hilfe, um die Situation ruhig und sachlich anzuschauen, zu analysieren und Ihren persönlichen Weg heraus zu überlegen.

Was Sie als Führungskraft tun können

Ihr Part ist es, einem Team zu ermöglichen, eine gute Team – und Konfliktkultur auszubilden.

Jedes gute Team ist in sich divers. Je nach Größe gibt es in allen Teams auch Subgruppen und unterschiedliche Rollen: die Älteren und die Jüngeren, das Stammteam und die Neuen, Schicht A und Schicht B, die Ordnungsliebhaber und die Chaoten, die Gemeinschafts-orientierten und die Solisten, die Stillen und die Lauten. Die Liste könnte man unendlich fortführen. 

Je länger Gruppen bestehen, desto mehr Differenzierung findet statt. Das ist ganz normal und hat nichts mit Spaltung zu tun. Es ist sogar wichtig, dass ein Team möglichst vielfältig ist und viele verschiedene Stärken und Ressourcen zusammenbringen kann. 

Konfliktkultur wirkt Teamspaltung entgegen

Auch bei Konflikten gibt es Polarisierungen, Gegensätze und schwierige Emotionen. Ein Konflikt ist aber noch keine Spaltung. Im Konflikt gibt es noch das Bestreben und den Versuch, die andere Seite zu erreichen und sich verständlich zu machen.

Bei Teamspaltung ist das meist schon aufgegeben. Es gibt nur eine große Kluft und tiefe Gräben. Man bewegt sich wie in verschiedenen Welten, in denen es ganz archaisch nur noch darum geht, zu gewinnen beziehungsweise nicht zu verlieren.

Konflikte in Teams müssen bis zu einem gewissen Grad auch sein dürfen. Ohne Reibung keine Lebendigkeit und kein Fortschritt. Ein Team kann lernen konstruktiv zu streiten, dass die Teambeziehungen nicht Schaden nehmen.

Aufmerksamkeit für den Gruppenprozess

Damit das gut gelingen kann, braucht es Halt gebende Strukturen, Reflexion und Moderation. Bleiben Sie daher als Leitung aufmerksam für „den Gruppenprozess an sich“. Teams brauchen Zeit und Gelegenheit, nicht nur über die Inhalte und Aufgaben zu sprechen, sondern auch über die Art, WIE sie als Team miteinander arbeiten. Das verhindert, dass Probleme, Irritationen und Stolpersteine immer mehr anwachsen und einen ungünstigen Nährboden für Spaltungen bilden.

Insbesondere wenn Ihr Team mit Menschen arbeitet, die schwierige Erfahrungen mitbringen, lassen Sie die Arbeit von Zeit zu Zeit supervidieren. SupervisorInnen sind Fachleute und speziell ausgebildet dafür, dieser dynamischen Wechselwirkungen im Team zu erkennen und aufzulösen, und ein Team im gemeinsamen lernen zu unterstützen.

All das macht ein Team widerstandsfähig gegen destruktive Einflüsse.

Ist eine Teamspaltung schon da, geht es fast nicht mehr anders, als in externe Beratung zu investieren. Um diese Vorgänge anzuschauen, braucht es Schutz und neutrale Moderation. Untereinander ist das meist nicht mehr zu klären, weil die Kommunikation schon zu sehr gestört ist. Auch Sie als Leitung können Teil des Spiels und dann in ihrer Funktion nicht mehr wirkungsvoll sein. Eine neutrale Moderation hilft Ihnen allen, die dahinter liegenden ausgeblendeten Themen zu erkennen und anzugehen und die zwischenmenschliche Ebene wieder zu stabilisieren.

Teamspaltung in der C-Zeit

Seit Beginn der C–Zeit hat das Thema Spaltung immens zugenommen. In Bezug auf die verschiedenen Maßnahmen sind in vielen Teams tiefe Gräben entstanden. Man versteht sich nicht mehr, sieht sich mit ganz anderen Augen und wirft sich gegenseitig unreifes und schädliches Verhalten vor. Wie ist das zu erklären?

Ich denke, die langdauernde Krisensituation hat uns vielleicht mehr gefordert, als uns bewusst war. Und vielleicht als auch mehr, als es unser Selbstbild erlaubt. In gewisser Weise sind wir zeitweise alle an die Grenze unserer erwachsenen Stressbewältigungsfähigkeiten geraten.

Mir erscheint es naheliegend, dass in diesen zwei Jahren, bei jedem Einzelnen zeitweise Spaltungsmechanismen angetriggert wurden. Damit haben wir Angst und Stress gemindert, allerdings zu Ungunsten eines differenzierten und umfassenden Rundumblicks.

Zusätzlich ist das Thema Spaltung auch ein Gesellschaftliches geworden. Das Arbeitsleben ist nicht getrennt davon.

Können hier Mediation oder Supervision helfen?

Mich haben in diesem Zusammenhang häufiger Anfragen erreicht, wo es zu Spaltungen im Team gekommen war, weil Mitarbeitende sich nicht an Hygienepläne hielten, andere Ideen und Interpretationen zur Gesamtsituation hatten oder Stimmung machten. Zusätzlich kam noch die Impfdiskussion hinzu.

In diesen Fragen ist Mediation nicht das richtige Mittel.

Corona-Regeln sind nicht verhandelbar. Es sind gesetzliche Vorgaben, welche Arbeitgeber einhalten und umsetzen müssen. Sie sind also die Domäne von Gesundheitsschutz und Arbeitsrecht. Es gibt keinen Spielraum oder Kompromiss, der erreicht werden könnte. 

Mediation und Supervision sind grundsätzlich ergebnisoffen und dazu da, um durch Austausch von Argumenten auf neue gemeinsame Lösungen zu kommen. Das ist in diesem Fall inhaltlich nicht möglich und damit sinnlos.

Durchaus angebracht aber finde ich begleitende, klärende und eventuell moderierte Gespräche, über den Stress und die persönlichen Belastungen, welche die Situation für jeden einzelnen mit sich bringt. Das ist sogar sehr sinnvoll, weil es aus dem Schwarz-Weiß-Denken und Entweder-Oder-Denken heraus führt und hilft, wieder zu Empathie und gegenseitigem Verstehen zurück zu finden. Und das wiederum unterstützt dabei, die vorhandenen Fähigkeiten zur Besonnenheit und ruhigem gemeinsamen Handeln wieder zu reaktivieren.

Herzlichst

Kämpfen Sie auch mit einer Spaltung im Team? Es ist schon alles probiert, aber die Situation ist kompliziert?

Sie würden gerne einen neutralen Außenblick bekommen und einige Fragen klären ohne gleich einen ganzen Coachingprozess zu beginnen?

Dann ist vielleicht eine Einzelstunde, die S.O.S.-Session genau das richtige für Sie. Schauen Sie gern einmal rein.

Ich bin Mediatorin, zertifizierte Klärungshelferin und Supervisorin und helfe dir gerne bei der Konfliktlösung.

Weiterlesen:

  1. https://kerstin-pletzer.de/konfliktgespraech_fuehren/
  2. https://kerstin-pletzer.de/umgang-mit-aerger-und-wut/
  3. https://kerstin-pletzer.de/raus-aus-dem-team-konflikt-mit-klarungshilfe/

Bildnachweis:

Titelbild: @ Andrii Yalanskyi • getty images

Zitat C.G. Jung: © Canva Pro agsandrew • getty Images

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