„Klärungshilfe Mediation im Team? Da würde mein Chef, meine Chefin nicht mitmachen.“

Dieses Argument begegnet mir nicht selten in Erstgesprächen mit Führungskräften oder Teamleitungen auf der mittleren Führungsebene, wenn es um Konflikte in der Abteilung geht. Wie wir sehen werden, ist dieser Satz mehr als ein Einwand. Er ist oft schon ein Teil des Problems!

Über genau dieses Thema habe ich im #supervisionsimpuls mit der Unternehmermentorin und Supervisorin Lioba Heinzler gesprochen. Es geht darum, welche Schwierigkeiten sich dahinter verbergen und wie Führungskräfte damit umgehen können.

Das Video dazu findest du im nächsten Absatz.

Schau oder lies gern rein!

Klärungshilfe – wenn dein Chef, deine Chefin nicht mitspielt

Zunächst einmal müssen wir klären, von wem wir sprechen. Wer ist derjenige, der möchte, dass der Chef mitspielt, und wer ist der Chef oder die Chefin?

Schauen wir uns dafür ein vereinfachtes Schema einer typischen Unternehmens- oder Organisationsstruktur an:

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Teams haben in der Regel eine Abteilungsleitung (wahlweise auch Bereichsleitungen, Referatsleitungen etc.). Manchmal gibt es dazwischen noch eine eigene Teamleitung. In jedem Fall ist die Abteilungsleitung beiden überstellt. Ihr wiederum ist eine weitere Ebene, meistens die Geschäftsführung oder der Vorstand vorgesetzt. Zur Vereinfachung werde ich für die mittlere Führungsebene den Begriff Abteilungsleitung verwenden, für die obere Führungsebene den Begriff ChefChefin.

Ob Teamleitung, Abteilungsleitung oder Geschäftsführung – alle sind jeweils Chefs und Chefinnen für ihren Bereich und haben, mit Ausnahme der obersten Führungsebene, einen Chef oder eine Chefin über sich.

Exkurs: Konflikte im Team sind immer Chefsache

Sobald jemand eine Führungsfunktion inne hat, ist er oder sie zuständig für Kommunikation und Konfliktlösung in seinem Zuständigkeitsbereich. Denn es gehört zu den vorrangigen Aufgaben von Führung, dafür zu sorgen, dass die Kommunikation im Team und zwischen den Teams gut fließen kann. Und wenn diese gestört ist, gehört es zu den Aufgaben der Leitung das Problem anzugehen.

Verantwortung zu übernehmen bedeutet nicht, bis in die letzte Konsequenz alles selbst klären und moderieren zu müssen. Denn Führungskräfte können den Part der Gesprächsführung auch delegieren. Dazu gehört aber auch, sich Rückendeckung zu holen bei der eigenen Chefebene.

Und hier kann es manchmal haken. Schauen wir uns das anhand zweier typischer Beispiele an.

Situation 1: ChefChefin weiß nichts von den Problemen in der Abteilung.

Nehmen wir einmal an, in einem Team brodelt es schon seit längerem. Die Abteilungsleiterin, Frau Hoffmann, ist als zuständige Führungskraft verantwortlich für die Lösung des Konfliktes. Sie probiert alles: Sie appelliert, führt Gespräche, setzt Kommunikationsregeln und versucht es mit Vereinbarungen.

Aber es funktioniert nicht. Die Stimmung bleibt schlecht. Die Konflikte flackern immer wieder auf. Die Mitarbeitenden beschweren sich und wollen, dass etwas passiert. Sie überlegt nun, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Bezogen auf ihre Mitarbeitenden macht die Abteilungsleiterin Frau Hoffmann alles richtig. Sie nimmt den Konflikt wahr und kümmert sich darum. Sie versucht erst, mit ihren eigenen Bordmitteln das Problem zu lösen. Da sie nicht weiterkommt, denkt sie nun daran, jemanden von Außen dazu zu nehmen.

Bezogen auf ihre Rolle fehlt aber, dass sie darüber mit ihrem nächsten Chef, dem Geschäftsführer spricht, eigentlich auch schon bevor sie darüber nachdenkt, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Der Grund: Sie hat kein gutes Verhältnis zu ihrem Chef, dem Geschäftsführer. Ihr sind Gespräche mit ihm unangenehm. Sie geht davon aus, dass er sowieso ablehnt. Am liebsten würde sie diese Maßnahme durchführen, ohne ihn davon zu verständigen!

Das kommt häufiger vor als man denkt. Viele Leitungen und Führungskräfte auf der mittleren Ebene haben das Gefühl, alles allein regeln zu müssen, und warten sehr lange ab, bis sie ihre eigenen Chefs mit einbeziehen.

Manche haben Sorge, dass ihnen als Führungsschwäche ausgelegt wird, wenn es Probleme im Team gibt, und sprechen aus diesem Grund nicht darüber. 

Gar nicht selten gibt es einfach ein distanziertes Verhältnis zur nächsten Führungsebene und mangelndes Vertrauen, vielleicht auch schon zwischen Chef und Abteilungs- oder Teamleitung schwelende Konflikte.

Wenn das Verhältnis zwischen ChefChef und und der Teamleitung angespannt ist, werden Probleme im eigenen Team oder im eigenen Bereich oft lange nicht erwähnt.

Das hat Folgen:

Spannungen zwischen Geschäftsführung und Abteilungsleitung verlagern sich bis hinunter auf die Teamebene. Gleichzeitig verhindern diese Spannungen aber auch, dass Probleme auf der Teamebene gelöst werden können, und drohen dann, sich dort weiter zu verschärfen.

Auf diese Art wachsen Konflikte unter der Hand immer weiter an, bevor die nächste Führungsebene davon erfährt.

Manchmal kommen Team – oder Abteilungsleitungen auf die Idee, ein Kommunikationstraining oder eine Teamentwicklung könnten helfen. Hintergrund ist meist, dass das weniger brisant klingt und dem eigenen Chef, der Chefin leichter zu vermitteln ist. Nicht, dass grundsätzlich Kommunikationstrainings oder Teamentwicklungen keine gute Sache wären. Wenn aber schon manifeste Konflikte vorliegen, reichen sie in der Regel nicht.

Spricht eine Team- oder Abteilungsleitung in Vorgesprächen davon, dass sie das am liebsten ohne den nächsten Chef regeln würde, ist es in der Regel ein Zeichen dafür, dass dort ebenfalls Konflikte bestehen oder zumindest mangelndes Vertrauen, was schon eine Vorstufe für Konflikte sein kann.

Für mich in der Beratung ist das immer ein Hinweis darauf, dass man eigentlich erst einmal dort beginnen müsste. Sonst kommt das alte Gesetz zum Tragen: Wenn man sich auf das bisherige Spiel einlässt, setzt man es fort!

Situation 2: ChefChefin sieht das Problem nicht

Nehmen wir einen anderen Fall an: Die Abteilungsleitung Frau Hoffmann hat ein grundsätzlich gutes Verhältnis zu ihrem Chef. Sie kann mit ihm über alles reden und ihn über alles informieren. Er ist aber vollkommen anderer Ansicht darüber, was bei einem Konflikt im Team zu tun ist. Er ist „vom alten Schlag“ und hält das ganze für Kinderkram.
 „Das kriegen wir auch so hin. Es müssen sich einfach alle benehmen wie Erwachsene. Externe Beratung haben wir noch nie gebraucht.“

Natürlich ist der Geschäftsführer als ChefChef zuständig dafür, seine Abteilungsleitung zu unterstützen, Konflikte in den Teams zu lösen. Von außen gesehen nimmt der er diese Verantwortung nicht wahr.

Das Wissen darum nützt ihr jedoch nicht viel, wenn sie argumentativ nicht durchkommt, und wenn es niemanden mehr „darüber“ gibt, der eine Anweisung geben kann.

Die Chefebene sollte einen Klärungsprozess wollen und davon wissen!

Konfliktklärungen und Konfliktlösungen müssen immer angebunden sein an den Rest des Unternehmens, und dafür sind die Führungskräfte zuständig.

Ein Klärungsprozess verändert die Kommunikation und die Konfliktkultur. Im Rahmen der Klärungshilfe geht es auch darum, gestörte Kommunikation wieder zu ins Lot zu bringen. Es geht darum, wegzukommen von Verhärtungen und Schuldzuweisungen hin zu einer konstruktiven Konflikt- und Dialogkultur. Dazu gehört, sich langsam wieder zuhören zu können, sich auch mit seinen Themen zeigen zu können, ein gewisses Maß an Offenheit und Vertrauen herzustellen, einen wirklichen Dialog auch zwischen den hierarchischen Ebenen herzustellen. 

Das hört sich schön an, ist aber manchmal gar nicht wirklich gewollt. Und es wäre nicht ratsam, mit seinem eigenen Team gegen den Unternehmenstrend zu handeln. 

Das muss zwangsläufig schiefgehen. In einem Unternehmen, in dem es beispielsweise viel Konkurrenz und Ellenbogenmentalität gibt, Fragen als Unsicherheit gewertet werden und die Einzelnen sich eher strategisch und taktisch verhalten, würden Konfliktlösungen, die auf Vertrauen, Offenheit und Dialog setzen, nicht funktionieren.

Eine derartige Kommunikationskultur hätte keine Ankopplung an den Rest des Unternehmens. Zusätzlich wäre es schwierig, übergeordnete Themen, die strukturell Konflikt auslösend, sind weiter zu transportieren. Wie sollte man begründen, dass bestimmte Strukturen oder Aufgaben verändert werden müssten, wenn man nicht erläutern kann, warum?

Ohne Rückhalt der Chefebene wenig Aussicht auf Erfolg

Aus diesen Gründen rate ich bei solchen Bedingungen meist davon ab, einen Klärungsworkshop zu machen. Es ist meist hinausgeworfenes Geld und auch verschwendete Zeit, alles an der eigenen Führung vorbei zu machen.

Es demotiviert zudem alle Beteiligten sehr, wenn sie sich auf ein Prozess einlassen, dessen Ergebnisse sich nicht in das große Ganze einfügen lassen. Selbst wenn die Beteiligten gute Lösungen entwickeln – wenn sie nicht umsetzbar sind im Unternehmen, sorgt das nur für Frustration und unterminiert jegliche Bereitschaft, so etwas in Zukunft noch einmal zu machen.

Wenn ich von Führungskräften oder Personalverantwortlichen auf der mittleren Führungsebene angefragt werde, und es zeigt sich eine ähnliche Situation, schlage ich meist erst einmal ein klärendes Gespräch zwischen ChefChef und Abteilungsleitung vor. Manchmal berate ich auch Führungskräfte darin, wie sie sich bestmöglich darauf vorbereiten können, ihren ChefChef dafür zu gewinnen.

Du möchtest dich auf ein Gespräch mit deinem ChefChef oder deiner Chefin vorbereiten? Du brauchst eine Strategie und Argumentationshilfe?

Du würdest gerne zusätzlich einmal einen neutralen Außenblick bekommen und einige Fragen klären, ohne gleich einen ganzen Coachingprozess zu beginnen?

Dann ist vielleicht eine Einzelstunde, die S.O.S.-Session genau das richtige für dich? Schau gern einmal rein.

Ich bin Mediatorin, zertifizierte Klärungshelferin und Supervisorin und helfe dir gerne bei der Konfliktlösung.

Den Chef, die Chefin überzeugen

Für diese Maßnahme im Team braucht Frau Hoffmann also seine grundsätzliche Zustimmung. Sie muss ihn auf irgendeine Art überzeugen. Ohne das wird ein Klärungsprozess in ihrem Team nicht erfolgreich sein.

Sie sollte das ernsthafte Gespräch mit ihm suchen und sich sehr gut vorbereiten hinsichtlich ihrer Einschätzung der Situation und der Argumente, warum externe Moderation notwendig ist.

Sie könnte zum Beispiel sagen:

  • „Das hat nichts mit Kindergarten zu tun. Menschen reagieren einfach so, wenn sie sich gegenseitig in die Quere kommen. Das ist überall so. Davon leben im übrigen ganze Hollywood-Filme!“
  • „Mit Appellen an die Vernunft kommen wir nicht weiter.“
  • „Ja, es kostet, klar, – aber es kostet uns so oder so, vielleicht sogar unsere besten Mitarbeitenden.“
  • „Es gibt sogar Studien, die belegen, dass Konflikte bis zu 25 % an Produktivitätseinbußen nach sich ziehen.“ (Konfliktkostenstudie der KPMG von 2009)
  • „Ich möchte mich in einem Gespräch über die Konflikte frei äußern können, ohne mich gleichzeitig noch um die Gesprächsführung kümmern zu müssen.“
  • „Es ist einfacher über strittige Punkte zu sprechen, wenn eine neutrale Person dabei ist.“
  • „Ich habe schon alles versucht, ich brauche jetzt mal einen neutralen Blick und Lösungsansätze von außen.“

Das Ende der Worte

Wenn unsere Abteilungsleitung es nicht schafft, ihren Geschäftsführer zu überzeugen, das Problem mit seinen Vorschlägen nicht gelöst wird, und seitens der Abteilungsleitung alle kommunikativen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, ist das Ende der Worte erreicht. 

Die Wahrheit zeigt sich dann im Handeln. Ein ChefChef, der abwinkt und Themen herunter spielt, eine Abteilungsleitung die sich mehr und mehr zurückzieht, vielleicht sogar in die innere Kündigung geht oder körperliche Beschwerden entwickelt, sprechen deutliche Botschaften.

Besser und gesünder wäre eine offensive Konfrontation, zum Beispiel eine sehr deutliche Ansage: „Entweder es passiert etwas oder ich gehe.

Und vielleicht ist es die bessere Entscheidung zu gehen, wenn die eigenen Werte und das Verständnis von guter Konfliktregelung mit den Auffassungen des Unternehmens nicht mehr übereinstimmen.

Fazit:

  • Chefs sind grundsätzlich zuständig und verantwortlich für Konfliktlösungen in ihrem Bereich
  • Nehmen sie diese nicht wahr, kommt auch die Hierarchieebene darunter nicht weiter
  • Konfliktlösungen an der nächsten Chefebene vorbei sind meist nicht nachhaltig
  • Eine Führungskraft auf der mittleren Ebene braucht ein ungestörtes Verhältnis zu ihrem eigenen Chef, um mit Konflikten in ihren Teams und ihrem Bereich umgehen zu können.
  • Führungskräfte auf der oberen Ebene sollten auf ein ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Führungskräften auf der mittleren und unteren Führungsebene bedacht sein, und sie bei der Lösung von Konflikten im Team und in der Abteilung unterstützen.
  • Wenn der nächste Chef sich weigert, und alle Argumente nicht fruchten, braucht es Klartext. Wenn auch das nicht funktioniert, kann das ein Hinweis sein, dass man in diesem Unternehmen mit seinen eigenen Wertvorstellungen und Führungsstrategien nicht weiterkommt oder nicht weiter aushalten sollte.

Lade dir gern auch meine Erste-Hilfe-Tipps für Führungskräfte und Teamleitungen herunter!

Ich gebe dir dort zehn nützliche Werkzeuge und Methoden an die Hand, wie du in einem Team Konflikt reagieren und eingreifen können.

Es sind keine Patentrezepte, aber wirksame Methoden und Perspektiven, die helfen, Konfliktsituationen als zuständige Teamleitung richtig anzugehen und
aufzulösen.

Kommunikationstipps inclusive!

Weiterlesen:

  1. https://kerstin-pletzer.de/raus-aus-dem-team-konflikt-mit-klarungshilfe/
  2. https://kerstin-pletzer.de/erfolgreiches_konfliktgespraech_fuer_fuehrungskraefte/
  3. https://kerstin-pletzer.de/konfliktgespraech_fuehren/

Bildnachweis:

Titel: Depositphotos_184874266_xl-2015

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