Vermeide diese 5 Fehler und deine Konfliktlösung hat mehr Wirkung und Erfolg.

Ob im Beruf, in der Familie oder in der Nachbarschaft: Konflikte belasten und kosten viele Nerven. Kein Wunder, dass wir diesen unangenehmen Zustand so schnell wie möglich beenden und abhaken wollen. Leider führt das oft dazu, dass wir uns schnell mit einer oberflächlichen Lösung zufriedengeben. Hauptsache, das Problem ist erst einmal weg. Doch diese Konfliktlösungen halten meist nicht lange. Alles, was nicht richtig besprochen ist, neigt dazu, wiederzukehren – und oft komplizierter als beim ersten Mal.

Wenn du diese fünf Fehler bei der Konfliktlösung vermeidest, hast du gute Chancen, dass dir das nicht passiert.

 

Fehler #1: Du willst eine Lösung, bevor das Problem besprochen ist.

Du hast es geschafft, dich mit einem Konfliktpartner zu treffen und ein Problem anzusprechen? Glückwunsch, den ersten schwierigen Teil hast du schon geschafft.

Aber gelingt es dir jetzt auch, MIT dem anderen über die Probleme zu sprechen, seine Sichtweisen, Meinungen und Lösungsideen anzuhören und auf dich wirken zu lassen? Schaffst du es, auszuhalten, dass der andere die Dinge völlig anders sieht als du? Das ist unbedingt notwendig, auch wenn es in dieser Phase so aussieht, als würde man vollkommen auseinanderliegen. Viele Menschen überspringen diesen Teil gern.

In meinen Konfliktberatungen beobachte ich fast immer, dass es nicht an Lösungsideen mangelt. Im Gegenteil, sie werden oft gleich zu Beginn geäußert und klingen vernünftig:

Wir brauchen einfach nur mal wieder einen netten Teamtag“ oder „Dann lass uns doch ab jetzt einen Putzplan machen…

Solche Vorschläge erscheinen dann als prima Lösung. Sie sind jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht sinnvoll.

Eine andere Variante ist: „Ich habe mich entschuldigt. Das muss doch reichen.“ Eine Entschuldigung kann manchmal genau das Richtige sein. Aber wenn wir damit einem notwendigen Problemgespräch aus dem Weg gehen wollen, ist das kontraproduktiv.

Konflikte sind vielschichtig. Es kann viel mehr dahinterstecken, als es im ersten Moment scheint. Darum müssen auch unsere Konfliktlösungen vielschichtig sein.  

Erst wenn alles angesprochen und ausgesprochen ist, werden die Lösungsideen tragfähig. Ansonsten bleiben sie an der Oberfläche, und das eigentliche Problem kehrt bei der nächsten Gelegenheit wieder. Das gilt für Konflikte in Teams genauso wie für Konflikte mit einer anderen Person.

‍Tipp: Zeige wirkliches Interesse an dem, was in dem anderen vorgeht

– Was bewegt ihn oder sie zu dem Thema?
– Was spricht für ihn oder sie dafür, was dagegen?
– Wo sieht er oder sie Ansatzmöglichkeiten?
– Wie steht er oder sie zu dir?
– Wie fühlt er oder sie sich von dir behandelt?
– Was wünscht er oder sie sich von dir?

‍Tipp: Sage offen und ehrlich, was in dir vorgeht.

– Was bewegt dich zu dem Thema?
– Was spricht für dich dafür, was dagegen?
– Wo siehst du Ansatzmöglichkeiten?
– Wie stehst du zum anderen?
– Wie fühlst du dich behandelt?
– Was wünschst du dir vom anderen?

‍Tipp: Kenne deine Vermeidungsstrategien

Je nachdem, wie du gestrickt bist, kann die Phase des „Problem-Besprechens“ unterschiedlich herausfordernd für dich sein.

Wenn du eher zu den Menschen mit einem empathischen Konfliktlösungsstil gehörst, drängt es dich vielleicht, schnell Harmonie und Einvernehmen herzustellen. Damit unterdrückst du aber möglicherweise wichtige Kritikpunkte vom anderen, die ausgesprochen werden müssen. Sonst erfährst du nie, was den anderen wirklich stört. Und du kannst es nicht ändern.

Solltest du jemand sein mit einer kompetitiven Konfliktstrategie, kann die Herausforderung für dich darin liegen, wirklich zuzuhören und nicht innerlich schon ungeduldig zu werden, um selbst zu Wort zu kommen.

Wenn du jemand bist, der eher zu protektiven Strategien neigt, willst du vielleicht das Problem gar nicht sehen. Auch das ist eine Vermeidungsstrategie, um sich mit Differenzen und Spannungen nicht befassen zu müssen.

Lies hier gerne mehr dazu. 

‍Tipp: Verwende zwei Drittel auf das Problem und ein Drittel auf die Lösung

Eine grobe Faustregel: Nutze zwei Drittel der Zeit, um das Problem zu verstehen, und ein Drittel, um Lösungen zu finden. Stell dir vor, du triffst dich zu einem 90-minütigen Spaziergang, um etwas Unangenehmes anzusprechen. Nutze die erste Stunde dafür, die Schwierigkeiten und das Problem zu verstehen, und die letzte halbe Stunde, um zu überlegen, wie es weitergehen kann. Eine Lösung kann übrigens auch sein, sich für einen weiteren Spaziergang zu verabreden!

 

 

Fehler #2: Du willst Emotionen außen vor lassen.

Emotionen sind ein Grundbestandteil unseres Wesens. Sie bestimmen uns, da wir unbewusst alles, was passiert, mit unseren Gefühlen bewerten. Ist es angenehm oder unangenehm, gut oder schlecht für uns? Einerseits fördert das die Kommunikation. Andererseits fällt es uns oft schwer, über Gefühle zu sprechen, besonders im Konfliktfall. Wir haben Angst, dass uns die Emotionen mitreißen, dass wir zu viel von uns zeigen, dass wir beschämt werden, etwas sagen, was wir später bereuen, oder dass wir mit den Emotionen des anderen nicht umgehen können. Daher appellieren wir oft: „Lass uns bitte sachlich bleiben!“ oder „Halten wir uns doch an die Fakten!

Aber Emotionen sind auch Fakten!

Sie spielen sich nur in unserem Inneren ab und sind nicht leicht zu beweisen oder zu berechnen. Besonders schwierige Emotionen wie Wut, Ärger, Neid, Missgunst, Trauer, Zurückgesetzt-Fühlen, Eifersucht, Schuldgefühle und Scham sind es, die uns suspekt sind. Dennoch ist es wichtig, sie anzusprechen, da sie alles einfärben, was wir denken und wie wir wahrnehmen.

Emotionen sind immer sichtbar. Wir können sie nicht willentlich kontrollieren. Sie vermitteln sich über unsere gesamte Körper Sprache: Mimik, Gestik, Tonfall und Sprechweise. Es macht also keinen Sinn, so zu tun, als sei man sachlich und rational, wenn man es nicht ist.

Wichtig sind auch unsere Spiegelneuronen. Sie sorgen dafür, dass wir unwillkürlich auf emotionalen Ausdruck, auf Verhalten bei unserem Gegenüber, mitreagieren: Wenn er/sie lauter, schneller und vehementer wird, steigt bei uns die Anspannung. Wenn wir lauter, schneller und vehementer werden, steigt beim anderen der Stress.

So entsteht schnell ein Teufelskreis, bei dem wir, ohne es zu wollen, uns gegenseitig immer weiter in die Kampf- und Verteidigungsverhalten hinein treiben.

Diesen Teufelskreis kannst du unterbrechen!

‍Tipp: Bleibe aufmerksam für deine Anzeichen von Stress und Anspannung.

Wo fühlst du es normalerweise? Bekommst du Kopfschmerzen, hast du ein mulmiges Gefühl im Bauch? Rutscht du im Stuhl immer weiter nach hinten? Wenn du das wahrnimmst, teile es undramatisch und sachlich mit: „Mich ärgert, wenn du sagst…“ oder  “ Es macht mich unruhig, wenn ich höre…“

‍Tipp: Sprich eine Gefühlslage oder Emotion beim anderen an

Höre dem anderen wirklich aufmerksam zu und achte auch darauf, WIE er oder sie spricht. Gib dann deine Wahrnehmung zurück: „Wenn ich dich richtig verstanden habe, hast du dich über mich geärgert, weil…“ oder „Es hat dich irritiert, dass ich…“.

Warte ab und lass den anderen noch einmal dazu Stellung nehmen.

 

Fehler #3: Du greifst nach der erstbesten Konfliktlösung.

Ja, es gibt sie, die wunderbaren, schönen Konfliktlösungen. Oft, wenn Tränen geflossen sind, die Beteiligten sich wieder nah sind, oder wenn es einen großen Aha-Effekt gegeben hat. Das ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Diskussion.

Oft jedoch sind wir froh, die unangenehme Ärger-Und-Problem-Ansprechen-Phase hinter uns zu haben. Wir greifen nach dem erstbesten Vorschlag wie nach einem Rettungsring.

Bedenke: Auch wenn wir ein gemeinsames Verständnis der Problemsituation haben, kann es unterschiedliche Vorstellungen von einer Lösung geben.

Und die Lösung des einen kann zu einem neuen Problem für den anderen werden.

‍Um das zu vermeiden sind folgende Fragen hilfreich:

– Wie sähe eine ideale Lösung aus?
– Wie sähe eine minimale Lösung aus?
– Löst die jeweilige Idee überhaupt das Problem?
– Was würde es vielleicht noch brauchen?
– Was würde sich durch die Idee verändern oder verbessern?
– Wie hilfreich ist sie für den einen und den anderen?
– Wie hilfreich ist sie für weitere Beteiligte?

Diese Fragen gemeinsam durchzuspielen – sei es auch kurz – schafft eine gute Grundlage für eine gemeinsame Lösungsvereinbarung.

Beachte aber auch: Es geht nicht darum, die perfekte Lösung zu suchen, sondern eine tragfähige, durchdachte Lösung zu finden.  Und die finden wir eher, wenn wir uns auf den Weg konzentrieren als auf das Ergebnis.

 

Fehler #4: Du denkst, dass eine gute Konfliktlösung gleich Kompromiss ist.

Hier möchte ich mit einer weit verbreiteten Meinung aufräumen. Oft denken wir, Lösung heißt: Jeder muss ein Stück abgeben. Oder wir müssen uns irgendwo in der Mitte treffen. Das kann zwar nützlich sein, wenn es aus einem gemeinsamen Aushandlungsprozess heraus entsteht. Aber es schwingt auch etwas von Verzicht und Niederlage mit.

Eine wirklich gute Lösung ist immer eine Kreation!

Das bedeutet, in der Auseinandersetzung entsteht etwas wirklich Neues: eine neue Qualität von Kommunikation und Beziehung, neue Bewertungen, neue Ideen.

Man kommt zu Ergebnissen, die sich keiner zu Beginn hat vorstellen können. Sie entstehen dadurch gemeinsam den Weg durch die schwierige Zone derProbleme bewältigt zu haben und durch die Offenheit gegenüber Lösungen. Es ist ein kreativer, schöferischer Prozess im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn das gelingt, ist es eigentlich die schönste Phase.

Und die Ergebnisse sind besonders tragfähig, weil eine Entwicklung stattgefunden hat.

 

Fehler #5: Du pflegst das neue Pflänzchen nicht.

Du hast mit deinem Gegenüber viel erreicht. Ihr habt eine neue Erfahrung miteinander gemacht. Es war möglich auf eine andere Art miteinander zu sprechen. Ein zartes Pflänzchen von neuem Vertrauen ist entstanden. Jetzt zur Tagesordnung überzugehen und zu denken, dass alles von selbst läuft, kann ein Fehler sein.

Denn dieses Vertrauen ist noch klein. Es muss wachsen und wird erst durch weitere gute Erfahrungen stärker.  Wenn wir das nicht beachten, wird es schnell wieder zertrampelt.

Der Alltag nimmt aber nicht unbedingt Rücksicht auf uns. Jeder hat Stress, und wir haben alle unsere Gewohnheiten.

Wenn sich ein Problem über lange Zeit aufgebaut hat, kann es passieren, dass man unabsichtlich in alte Muster zurückfällt. Wenn der Boden des Vertrauens noch nicht fest ist, kann schnell das Gefühl entstehen, dass alles umsonst war.

Dann ist die Enttäuschung groß, und das Problem scheint größer als zuvor.

‍Ein paar Dinge sind daher bei der Konfliktlösung zu bedenken:

Es muss nicht viel sein, um das Vertrauens-Pflänzchen zu pflegen. Kleine Zeichen und zur Situation passende Bemerkungen sind wirkungsvoller als große Beteuerungen

Es reicht, einfach noch einmal auszudrücken, wie froh du bist, dass ihr das geklärt habt. Du kannst nachfragen, wie es dem anderen im Nachhinein geht und ob noch etwas aufgekommen ist. In anderen Fällen passt es, sich ab und zu für eine gemeinsame Aktivität zu verabreden. Im Beruf oder mit Kollegen ist es eine gute Möglichkeit, an gemeinsamen Aufgaben zu arbeiten und ab und zu nach zu fragen, wie es dem anderen im Kontakt mit dir geht

Im Kern geht es darum, echtes Interesse an der Beziehung zu signalisieren und zu zeigen, dass einem der weitere Verlauf nicht egal ist. 

Wenn du auf all dies achtest, werden deine Konfliktlösungen nicht nur tragfähiger und kreativer, sondern auch wirkungsvoller und nachhaltiger.

Viel Erfolg und gutes Gelingen!

Herzlichst

 

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Bildnachweis

Titel: two women holding cup of coffee@pixelshot (bearbeitet)

Zitat: persönliches Material  

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